(22.07.2009)
Eine 30-jährige Mutter, die ihr Baby mit Spritzen ihrer eigenen Fäkalien gequält hatte, muss viereinhalb Jahre in Haft. Das Berliner Landgericht verurteilte die geständige Frau am Dienstag wegen gefährlicher Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen. Der Sohn durchlitt ein wochenlanges Martyrium mit lebensbedrohlichen Blutvergiftungen, hohem Fieber und starken Schmerzen. Die Mutter des kleinen Jungen leidet an einer Persönlichkeitsstörung, dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.
Diese psychische Erkrankung führt dazu, dass Eltern ihre Kinder bewusst krank machen, um maximale Aufmerksamkeit von Angehörigen und medizinischem Personal zu erregen. Außerdem hoffen die psychisch kranken Eltern durch ihre Fürsorge gegenüber den Kindern gesellschaftliche Anerkennung zu erhalten.
Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom tritt relativ selten auf. Auffällig ist, dass dieses Verhalten fast ausschließlich Frauen - in der Regel Mütter - zeigen, die in ihrem sonstigen Erziehungsverhalten als fürsorglich beschrieben werden. Laut dem Rechtsmediziner Martin Krupinski der Universität Würzburg gehen konservative Schätzungen von 0,2 bis 0,4 Missbrauchsfällen pro 100.000 Kinder und Jugendlichen bis 16 Jahren aus. Die Sterberate der Opfer liege je nach Studie zwischen 5 und 35 Prozent.
Eine sichere Diagnostik oder klinisch erprobte Behandlung des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms gibt es aufgrund der geringen Fallzahlen nicht. Wegen der relativ großen Gefahr von Falschbeschuldigungen wird die Erkrankung häufig nicht bekannt bzw. die Diagnose zurückgehalten.
Im September wurde Carlos, der Sohn der nun verurteilten Mutter, mit hohem Fieber und starken Schmerzen in die Klinik Berlin-Buch gebracht. Die Mediziner stellten eine Blutvergiftung fest. 13 Tage lang hatte der Junge hohes Fieber, zeitweise schwebte er in Lebensgefahr. Aufgrund der unerklärlichen Fieberschübe musste er zeitweise auf die Intensivstation verlegt werden. Die Mutter wachte Tag und Nacht am Bettchen des Kindes und kümmerte sich rührend um ihren Sohn - ein typisches Verhalten für unter dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidende Menschen.
Ein ähnlicher Fall des Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom wurde vor kurzem in Jerusalem bekannt. Eine Mutter soll ihren dreijährigen Sohn jahrelang ausgehungert haben. Medienberichten zufolge hatten Überwachungskameras eines Krankenhauses aufgezeichnet, wie die Mutter eine Nährsonde des Sohnes immer wieder entfernte.
2009 DPA / freenet
Wie kann man sowas dem eigenem Kind nur antun